Artikel: Kinderbuchmacherin Olschi im Interview
 
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Olschi über Manga für Kinder

Leseliebe hat Mangaka Olschi zu ihrem Manga-Verlagsdebüt nach Manga-Zeichentipps und mehr befragt. Lies rein!

Leseliebe: Olschi, wann und wie sind Sie eigentlich das erste Mal in Ihrem Leben mit Mangas in Kontakt gekommen? Und welchen Gewinn haben Sie für sich persönlich daraus mitgenommen?

Olschi: Ich bin erst Manga begegnet, nachdem ich nach Deutschland gezogen bin. Ich glaube, da war ich so um die 13 Jahre alt. Eine Klassenkameradin hat mir eine Ausgabe des Magazins „DAISUKI!“ ausgeliehen. Da war es sofort um mich geschehen. Ich habe mich in die Zeichenstile verliebt und wollte unbedingt auch so zeichnen können. Aber auch die Geschichten fand ich einfach richtig toll. Nicht nur witzig, sondern auch richtig emotional. Ich glaube durch die frühe Begegnung mit dem Medium konnte ich ein Gefühl für die fließende Erzählweise entwickeln.

Leseliebe: Wie sind Sie dann selbst zur Mangaka, also zur Manga-Zeichnerin geworden? Haben Sie beim Lesen der Mangas sofort Lust bekommen, sich eigene Geschichten auszudenken? Oder war es eher das Zeichnerische, das Sie inspiriert hat?

Olschi: Ich habe schon zuvor Geschichten erfunden und Comics gezeichnet. Ich war ein etwas tagträumerisches Kind und hatte schon immer den Drang, Geschichten zu erzählen. Durch Manga sah ich dann, wie schön so eine Geschichte aussehen kann, mit nur wenigen Zeichenmaterialien. Denn die Seiten sind schwarz-weiß.

Dann habe ich tatsächlich einen Comic, den ich damals gezeichnet habe, mitten im Kapitel einfach im Mangastil angefangen zu zeichnen. Der Comic war eine Romantic Comedy. Der Shoujo-Manga Zeichenstil passte also perfekt dazu.

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Manga Olschi bei der Arbeit

Leseliebe: Wie haben Sie sich die Fertigkeiten angeeignet, einen Manga zu zeichnen und zu erzählen? Haben Sie Tipps für Kinder, die selbst gerne Mangas zeichnen würden?

Olschi: Am Anfang habe ich einfach abgezeichnet, mit Bleistift und einfachem Papier. In der „DAISUKI!“ gab es damals auch ab und zu Zeichentutorials. Ich kann mich z. B. an ein sehr hilfreiches Tutorial von Kristina Plaka erinnern, wo sie erklärte, wie man mit Buntstiften Haare colorieren kann. Ich war begeistert!

Ich habe damals auch durch Tutorials auf animexx.de gelernt. Es war also ein Austausch zwischen uns Künstler*innen.

Ich würde jungen Künstler*innen empfehlen, einfach zu zeichnen, mit den Mitteln die man zur Verfügung hat. Wartet nicht darauf, bis ihr euch krasses Zeichenmaterial leisten könnt. Es kann helfen, aber es ist nicht das Wichtigste. Das Wichtigste ist es, einfach zu zeichnen. Dadurch lernt man. Benutzt entweder das Internet oder die Bücherei, um z. B. Bücher über das Zeichnen auszuleihen. Und macht euch keine Sorgen, wenn ihr Dinge nicht so zeichnen könnt, wie ihr sie euch im Kopf vorstellt. Das kommt alles mit der Zeit. Habt einfach Spaß und schaut, wie ihr euch mit jedem Bild verbessert.

Leseliebe: Ihr Manga-Verlagsdebüt „Baddog und Goodboy“ ist für Kinder ab acht Jahren eingestuft. Was heißt das? Natürlich müssen Mangas für Kinder in der Thematik und Darstellung altersgerecht sein. Aber werden sie auch anders gezeichnet oder erzählt als die für Jugendliche oder Erwachsene?

Olschi: Ich habe „Baddog und Goodboy“ durchaus anders erzählt, als wenn es an ein älteres Publikum gerichtet wäre. Viele Sachen in dem Buch sind unrealistisch und damit meine ich nicht die Superkräfte, sondern dass einige Dinge in der realen Welt einfach anders funktionieren würden. Es ist schwierig darüber zu sprechen, ohne die Geschichte zu spoilern. Aber Goodboy z. B. würde womöglich in der realen Welt nie so frei agieren können, wie er es in „Baddog und Goodboy“ tut.

Weiterhin habe ich versucht weniger subtil zu sein, wenn es um die Ziele, Motivationen und die Gefühlswelten der Charaktere geht. Ich finde man kann auch Kindern viel zutrauen und sollte sie nicht wie blöd behandeln. Aber es ist auch wichtig klar zu kommunizieren, warum z. B. ein Charakter das tut, was er tut. So können auch junge Leser*innen Empathie lernen.

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Baddog und Goodboy Kinder-Manga ab 8 Jahren

Leseliebe: Man kann es zwar auch direkt in Ihrem Manga nachlesen, aber erzählen Sie die schöne Geschichte doch auch noch einmal hier: Wie ist die Idee zu einem Manga über Super-Hunde entstanden? Und wie hat sie sich weiterentwickelt? War bei der Idee sofort klar, dass es ein Manga für Kinder wird?

Olschi: Normalerweise kommen mir Ideen für Geschichten, indem mir eine bestimmte Szene oder ein bestimmtes Szenario in den Kopf kommt, welches ich weiter erforschen möchte. Das war bei „Baddog und Goodboy“ anders. Da hatte ich zuerst den Charakter Baddog. Und zwar habe ich Baddog als meinen Charakter für eine Runde „Dungeons and Doggies“ mit Freunden entwickelt. Damals war Baddog ein noch ein Mädchen und ihre Moral sollte etwas fragwürdig sein (so wie die von Batman auch fragwürdig sein kann).

In einem Chat mit einer anderen Freundin hatte ich plötzlich die Idee einen Goodboy als Gegenpol zu Baddog zu haben. Und so ist die Idee für den Manga entstanden. Dass es an Kinder gerichtet wird, hat sich erst später nach der Bewerbung ergeben. Aber die Grundidee stand damals schon fest.

Leseliebe: Was macht für Sie generell einen guten Manga aus?

Uff, das ist schwer zu beantworten! Nicht zuletzt, weil mein Geschmack sich auch dauernd ändert. Das Wichtigste sind wohl die Charaktere. Wenn diese interessant sind, dann fallen die Mängel in der Geschichte weniger auf.

Leseliebe: Bei Leseliebe geht es uns viel um Leseförderung. Finden Sie, dass auch Mangas dazu beitragen können, obwohl sie oft mit nur sehr wenig Text auskommen?

Olschi: Ich glaube, gerade weil Mangas weniger Text haben, können sie ein guter Einstieg in das Lesen sein. Längere Texte können eventuell für junge Leser etwas einschüchternd wirken. Durch Manga kann man sich an Geschichten wagen, die ohne viel Text auskommen. Dadurch kann ein allgemeines Interesse an Geschichten geweckt werden.

Aber das ist nur meine Vermutung. Das ist womöglich eine pädagogische Frage.

Leseliebe: Sie haben einen magischen Wunsch frei und dürfen drei Kinderbücher (oder natürlich Manga oder Comics) bestimmen, die jedes Kind auf der Welt in seiner Kindheit liest. Abgesehen von Ihren eigenen, für welche Bücher entscheiden Sie sich?

Olschi: Es ist bei mir schon länger her, dass ich selbst Kinderbücher gelesen habe. Es ist also nicht so einfach die Frage zu beantworten. Mich selbst hat damals „Sailor Moon“ sehr geprägt. Ich glaube mich auch erinnern zu können, dass „Der Grüffelo“ eine schöne Geschichte hatte. Der dritte Kandidat könnte vielleicht „One Piece“ sein? Zumindest steht der Manga in den Bücherhallen Hamburg in der Kinderabteilung. Ich habe den Manga kaum gelesen, aber ich weiß, dass Themen wie Freundschaft und Zusammenhalt sehr vielschichtig behandelt werden.

Leseliebe: Welches Kinderbuch oder welche Lese-Situation hat in Ihrer eigenen Kindheit einen Eindruck hinterlassen, der bis heute nachwirkt und warum?

Olschi: Ich erinnere mich stark an „Der Zauberer von Oz“. Ich habe damals das Buch in der Bücherei ausgeliehen und es war das erste „so richtig dicke“ Buch, das ich jemals gelesen habe. Ich habe es aber an einem Tag verschlungen, weil ich einfach nicht aufhören konnte zu lesen. Es hat mich so stark gepackt. Von da an wusste ich, dass ich Bücher liebe.

Leseliebe: Ergänzen Sie doch netterweise den folgenden Satz für uns: Leseliebe ist …

Olschi: … sich von einem Buch einfach nicht mehr losreißen zu können.

Mangaka

Olschi

2001 zog die gebürtige Russin nach Deutschland, entdeckte ihre Liebe zum Manga-Stil und begann sofort mit dem Zeichnen eigener Manga-Geschichten. Später studierte sie Japanologie und veröffentlichte erste Manga-Kurzgeschichten und -Bücher im Eigenverlag. Mit „Baddog und Goodboy“ legt sie nun ihre allererste Verlagsveröffentlichung vor, auf die hoffentlich noch viele weitere folgen.

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Manga Olschi im Interview über Manga für Kinder

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