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Gastbeitrag: Lesen, rausgehen und die Welt entdecken

Dinosaurier, Baustelle und Co. – die Geschichten aus Kinderbüchern lassen sich draußen prima nachspielen.

„Geht raus in die Natur und macht eure eigenen Erfahrungen“ – mit diesen Worten beendet der Paläontologe Scott D. Sampsons jede Episode des Dinozugs, eine unserer aktuellen Lieblingsserien. Darin geht es um den kleinen T-Rex Buddy, der als Findelkind bei einer Flugsaurier-Pflegefamilie aufwächst und in jeder Episode einen neuen Dino kennenlernt. Das ist sehr lehrreich, selbst für erfahrene Dino-Enthusiasten wie meinen Sohn und mich. Wir schauen aber nicht nur Dino-Serien, sondern besitzen auch unzählige Dinosaurier zum Spielen und Kuscheln und mindestens genauso viele Bücher über ausgestorbene Tiere. Nur das mit dem Rausgehen und eigene Dino-Erfahrungen machen, ist leider am Rande von Hamburg etwas komplizierter. Unsere Landschaft ist eiszeitlich überzogen und damit eine fast fossilienfreie Zone. Die Steinbrüche mit interessanten Funden und ein Dinopark sind rund zwei Autostunden entfernt. Und ein Naturkunde-Museum mit tollen Skeletten ist zwar in Hamburg geplant, bis zu seiner Eröffnung werden aber wohl noch einige Jahre vergehen. Wie machen wir trotzdem unsere Paläontologie-Erfahrungen? Ganz einfach, mit viel Fantasie.

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Dinoeier im Sandkasten

Ein Beispiel: In unseren Kindersachbüchern haben wir viel Spannendes über versteinerte Dino-Eier gelesen. Zum Glück gab es unlängst auf dem benachbarten Spielplatz einen ziemlich großen und dazu noch fast runden Stein, der sich erst prima im Sandkasten vergraben und später (wieder-)entdecken ließ. Fachmännisch erklärte mein Sohn nun den anderen, anwesenden Eltern und Kindern, dass wir bestimmt ein Brontosaurus-Ei gefunden hätten, aber nicht ganz klar sei, wie diese großen Tiere ihre Eier wirklich legten. Immerhin waren sie größer als ein Ein-Familien-Haus und konnten sich nicht einfach hinhocken. Und die Eier aus großer Höhe ins Nest plumpsen zu lassen, wäre auch keine gute Idee. Vermutlich hatten sie einen Legeschlauch wie Schildkröten (Anm. des Autors). Bei weiteren Ausgrabungen stießen wir zwar nicht auf 100 Millionen Jahre alte Knochen, dafür aber erst auf einen geruchslosen Stein, den mein Sohn als Dino-Kot identifizierte und etwas später leider noch auf sehr reale und stark riechende Katzen-Hinterlassenschaften. Aber echte Abenteurer lassen sich von solchen Widrigkeiten nicht abschrecken. Natürlich gehen wir als moderne Dino-Experten nicht nur mit quietschbunter Schaufel, einem Plastikeimer mit Bagger darauf und einer gelben Kelle auf Spurensuche, sondern auch mit moderner Technik.

Virtuelle Realität zaubert Dinos in den Garten

Eine wunderbare Spielerei für Ausflüge in die Natur ist das Augmented Reality Angebot von Google. Sucht man nach bekannten Dinos wie Tyrannosaurus Rex, Triceratops oder Parasaurolophus, wird gleich unter dem Wikipedia-Artikel ein 3D-Modell angezeigt. Sie lassen sich per Smartphone wunderbar in Heidelandschaft oder auf den Spielplatz zaubern. In unserem Garten grasten schon Stegosaurier, ein Velociraptor begleitete uns beim Spaziergang durch die Heide und auf dem Spielplatz war ein ausgewachsener, aber sehr lieber T-Rex zu Besuch. Die Bilder und Videos dieser schönen Illusion liebt mein Sohn über alles. Natürlich lässt sich draußen in der Natur nicht nur Dinoforschung betreiben. In meiner eigenen Kindheit mochte ich es besonders, die Abenteuer des Roten Kosars und von Prinz Eisenherz nachzuspielen. Ein Stock als Schwert, dazu das von meinem Vater ausgesägte Schild – wahlweise mit Piratenhut oder Papphelm auf dem Kopf. Mein eigener Nachwuchs ist „leider“ noch nicht so richtig in der Ritter- und Piraten-Phase angekommen. Corona-bedingt mussten eigentlich geplante Besuche auf einem Mittelaltermarkt samt Turnier oder bei den Störtebeker Festspielen ausfallen. Gleiches galt in den letzten Wochen auch für Tierparks, Zoo und unser Lieblingsaquarium. Das sind nicht nur beliebte Ausflugsziele, sondern bieten eben auch eine tolle Gelegenheit, die Tiere aus den Kinderbüchern mal hautnah zu erleben – Krokodile, Affen, Haie und Elefanten, Pinguine und Hängebauchschweine.

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Letzter Anlaufpunkt Baustelle und Pferdekoppel

Zum Glück sind Kleinkinder ja noch sehr begeisterungsfähig und wir Eltern durchaus kreativ bei der Wahl der Ausflugsziele. Mein Sohn liebt – wie aufmerksame LeserInnen meiner Gastbeiträge wissen – Conni. Eine seiner Lieblingsgeschichten ist „Conni lernt reiten“. Reitunterricht interessiert ihn dabei kaum, umso mehr dagegen die Pferde. Zum Glück leben wir in der Nordheide recht ländlich und es gibt viele Pferdekoppeln. Regelmäßig radeln wir zu einer und beobachten die imposanten Tiere. Ein besonderes Highlight: Ein Pony hat dasselbe Muster wie Connis Lieblingspony Flecki. Ein zweiter, sehr beliebter Anlaufpunkt meines Sohnes ist eine Baustelle. Zusammen mit dem besten Kumpel aus der Nachbarschaft statten wir ihr regelmäßige Besuche ab. Dank des milden Winters wird dort immer noch gebaggert, Fundamente werden gegossen und mit einem großen Kran Wände aufgestellt. Quasi all das, was auch in unserem Baustellen-Wimmelbuch und in der dazu passenden Max-Geschichte rundum die Baustelle vorkommt. Kinderlos bedenkt man gar nicht, wie oft Bauarbeiter unter Beobachtung arbeiten müssen. Immerhin, allzu kritisch ist das Publikum nicht. Ganz im Gegenteil: Kaum stehen die Bagger in der Mittagspause still, sausen zwei Jungs auf Laufrädern zurück zum Spielplatz, um dort selbst eine Baustelle zu errichten. Während der eine sich um das Fundament kümmert, hat der andere schon wieder ein versteinertes Dino-Ei gefunden.

Welche Geschichten spielen eure Kinder am liebsten nach? In welche Rollen seid ihr als Kinder selbst gerne geschlüpft? Welche Bücher eignen sich aus eurer Sicht besonders gut zum Nachspielen? Verratet es uns in den Kommentaren!

Birk Grüling

Birk Grüling ist vormittags schreibender und nachmittags spielender und vorlesender Papa. Als freier Autor schreibt er nicht nur Texte für Kinder, sondern auch für Medien wie Spiegel Online, RND, Süddeutsche Zeitung, Eltern oder DAD über Väterrollen, frühe Kindheit und digitale Bildung. Leseliebe ist für ihn ... eine tolle Gelegenheit für gemeinsame Momente zum Kuscheln und Träumen.
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