Artikel: Interview
 
Image

Interview: "Die Schule der magischen Tiere" als Film

„Die Schule der magischen Tiere“ als Kinofilm? Wir haben Regisseur Gregor Schnitzler dazu ausgefragt.

Leseliebe: Herr Schnitzler, man kennt Sie eher als Regisseur erwachsener und ernsthafter Filmstoffe, zum Beispiel von Romanverfilmungen wie „Soloalbum“ oder „Die Wolke“. Wie ist es dazu gekommen, dass Sie jetzt ein Kinderbuch verfilmt haben?

Gregor Schnitzler: Das war ein sehr komischer Umstand. Ich habe meiner kleinen Tochter eigentlich alle Bücher von „Die Schule der magischen Tiere“ vorgelesen. Sie hat die geliebt. Und ich fand sie auch cool. Ein Tier zu haben, mit dem man über alles reden kann, das wünscht sich irgendwie jedes Kind. Wenn man das verfilmen könnte, hab ich gedacht, wäre das natürlich toll.

Na ja, eines Tages gab es für die Verfilmung eine Anfrage der Filmproduktionsfirma Kordes & Kordes in meiner Agentur – für einen anderen Regisseur, der schon Kinderfilme gemacht hatte. Der konnte aber zeitlich nicht und das habe ich mitgekriegt und gedacht: Wow, die Schule der magischen Tiere. Da habe ich anfragen lassen, ob die Kordes-Schwestern sich mit mir treffen würden, weil ich eine Vision hätte, wie man das filmisch umsetzen könnte. Sie waren sehr begeistert und das war für mich der Weg, einen Kinderfilm zu machen

Image
Buchverfilmungen

Leseliebe: Worum geht es Ihnen, wenn Sie aus einem Buch einen Film machen? Ist es Ihnen wichtig, möglichst nahe an der Buchvorlage zu bleiben? Oder erzählen Sie die Geschichte lieber neu und anders?

Gregor Schnitzler: Prinzipiell muss ein Regisseur was eigenes aus dem Buch machen, sonst wird es kein guter Film. Dafür frage ich mich: Was ist der Kern des Romans? Warum denke ich, dass dieser Film gemacht werden muss? Welche Geschichte will ich unbedingt erzählen? Aber jedes Projekt ist anders. Wenn man jetzt „Die Schule der magischen Tiere“ nimmt, ist der größte Wunsch von mir gewesen, einen Film zu machen, in dem die Kinder das Buch wiederfinden. Bei den magischen Tieren ist die Verantwortung, dass die Kinder den Film mögen und mit der Buchreihe von Margit Auer gleichsetzen für mich essenziell.

Image
Buchreihe Die Schule der magischen Tiere

Leseliebe: Wie wird aus einem Buch ein Drehbuch für den Film?

Gregor Schnitzler: Einen Film aus einem Buch zu machen, ist oftmals sehr schwer, weil es ganz andere Gesetze gibt, damit ein Film funktioniert. Jeder Leser hat eine unterschiedliche Sichtweise auf das Buch und mit dem Film müssen wir eine Vision für alle schaffen. Dazu muss man sich immer wieder fragen: Wie können wir das Buch umsetzen, sodass wir letztendlich alle mitreißen? Dafür hat der Drehbuchautor klare Visionen. Ebenso haben der Regisseur und auch der Produzent eine Vision davon, wo man hin will. Das gleicht man in einem permanenten Fluss miteinander ab, indem man die Sachen bespricht. Und so entwickelt sich dann in einem komplett fließenden Prozess die Geschichte.

Image
Die Schule der magischen Tiere Benni und Henrietta

Leseliebe: Wie lange haben Sie für die Verfilmung der „Schule der magischen Tiere“ gebraucht?

Gregor Schnitzler: Für mich hat der Film zwei Jahre gedauert, von den ersten Gesprächen hin zur Fertigstellung.

Image
DSdmT Kinofilm Miss Cornfield und Mister Morrison

Leseliebe: Wo mussten Sie für die filmische Erzählung von der „Schule der magischen Tiere“ vom Buch abweichen? Worauf sollten sich kleine Fans vorbereiten?

Gregor Schnitzler: Ich glaube, die müssen sich gar nicht vorbereiten, sondern sollen einfach offen ins Kino gehen und sich überraschen lassen. Es ist nur wichtig, dass die Fans wissen: Das Buch ist ein Buch und der Film ist ein Film.

Leseliebe: Aber es gibt schon einige grundsätzlich andere Regeln im Film, oder? Zum Beispiel dass die sprechenden Tiere nicht mehr nur von einem Kind, sondern von allen verstanden werden können.

Gregor Schnitzler: Genau, weil es viel zu kompliziert wäre, wenn für die anderen Kinder immer übersetzt werden müsste, was das Tier sagt. Wir haben uns gefragt: Was ist die Story? Ist es, dass das eine Kind den anderen Kindern sagt, was das Tier gerade gesagt hat? Nicht wirklich. Und die andere Geschichte ist die: Wenn alle die Tiere verstehen können, dann ist es auch noch mehr eine eingeschworene Gemeinschaft. Alle haben dieses Geheimnis. Und darum geht es im Prinzip: Solidarität unter den Kindern. Das sieht man ja am Schluss des Films, wenn alle für einen einstehen.

Image
Die Schule der magischen Tiere Henrietta

Leseliebe: Anders als in der Buchvorlage spielt im Film Musik auch eine große Rolle. Wie kam es zu der Idee, im Film rappen, tanzen und singen zu lassen?

Gregor Schnitzler: Das liegt auch an einem Erlebnis, das ich über meine Tochter hatte. Alle Kinder, die um meine Kinder herum waren, haben diese Bibi-und-Tina-Songs gesungen. Rauf und runter. Einen Film so zu leben – das wollte ich. Das Erlebnis von diesem Film für Kinder sollte nicht nur die Geschichte und dieses Magische mit den Tieren sein, sondern auch: die Gefühle loszulassen bis ins Springen und Tanzen und Singen. Ja, und deswegen habe ich den Wunsch geäußert: Können wir die nicht singen lassen. Ich finde es wahnsinnig schön, wenn man die Gefühle, die die Kinder haben, in einem Song unterbringen kann.

Image
Die Schule der magischen Tiere Kinofilm Miss Cornfield Ida und Jo

Leseliebe: Haben Sie eine Lieblingsszene im fertigen Film?

Gregor Schnitzler: Wenn Ida sich mit dem Fuchs streitet und der Fuchs abhaut in die Nacht und sie ihm dann hinterhersingt – das ist ein total schöner Song. Den liebt auch die Emilia, die Darstellerin von Ida.

Image
Die Schule der magischen Tiere Kinofilm Rabatt und Ida

Leseliebe: Die magischen Tiere wurden am Computer animiert. War das eine besondere Herausforderung für Sie?

Gregor Schnitzler: Absolut, das war es. Ich habe im Vorfeld alle Filme studiert, die das gemacht haben, von Paddington Bär bis Peter Hase. Alles Mögliche. Wie haben die das gemacht? Das habe ich dann versucht, so umzusetzen und aus deren Erfahrungen zu lernen. Gleichzeitig sind wir einen ganz schön langen Weg gegangen, um zu diesen Tieren zu kommen, um deren Stimmen zu finden und dazu, wie sie agieren.

Beim Dreh selbst habe ich zwei Schauspieler gehabt, die die Tiere gespielt haben, damit die Kinder eine Kontinuität von der Figur haben und wissen, wo sie hinschauen müssen. So haben sie schon ein bisschen das Gefühl gehabt, mit diesen Tieren zusammen zu spielen. Das habe ich mir wesentlich schwieriger vorgestellt. Aber es hat alles wunderbar geklappt. Und die Kinder haben das so gut gemacht mit den Tieren, das war hervorragend.

Image
Die Schule der magischen Tiere Kinofilm Rabbat und Henrietta

Leseliebe: Wie ist es für Sie als Regisseur, mit kindlichen Schauspielern zusammenzuarbeiten?

Gregor Schnitzler: Ich liebe Kinder. Ich mag diese Neugier. Ich mag die Spontanität. Ich mag, dass sie einfach auf alles reagieren, was wirklich in der Umgebung stattfindet. Das tun Erwachsene nicht. Kinder sind nicht so verkorkst, da kommen die Emotionen einfach gleich raus.

Image
Die Schule der magischen Tiere Kinofilm Die Kinder

Leseliebe: Was war für Sie bei der Verfilmung der „Schule der magischen Tiere“ die größte Schwierigkeit?

Das Schwierigste war, dass Kinder nicht drehen können wie Erwachsene. Kinder dürfen nur drei Stunden vor der Kamera sein, vielleicht fünf Stunden am Set. Das heißt, wir hatten ganz limitierte Zeiten. Die meisten Kinderfilme haben ja auch Erwachsenen-Handlungsstränge. Dann kann man die Drehtage aufteilen: halber Tag Kinder, halber Tag Erwachsene. Aber wir haben durchgehend nur Szenen mit Kindern gehabt. Trotzdem waren die Drehzeiten nicht länger und wir mussten in einem bestimmten Budgetrahmen fertig werden. Das war nicht einfach. Dazu brauchen Kinder eine wirklich entspannte Atmosphäre. Also auf der einen Seite gab es den wahnsinnig angestauten Stress, ob man es schafft oder nicht, und gleichzeitig musste man immer so tun „Hey, alles ganz locker“. Das war eine Herausforderung.

Image
Die Schule der magischen Tiere Kinofilm Pinkie die Elster

Leseliebe: Wie haben Sie für die Schule der magischen Tiere passende Drehorte gefunden und wie lief die Besetzung der Filmrollen ab?

Gregor Schnitzler: Zum einen ging es um die Entscheidung, wie man die Geschichte umsetzen möchte. Man hätte sie ja auch so drehen können, dass es eine ganz normale Schule und der normale Alltag ist. Ich wollte aber unbedingt, dass auch dieser Zauber rüberkommt, der zwischen den Zeilen steht. Deswegen haben wir uns entschieden, unsere Schule relativ prächtig anzulegen. Die Orte und Figuren durften auch etwas Magisches haben. Und dann heißt es beim Filmemachen immer: Wo kommt das Geld her? Wo müssen wir das ausgeben? Das waren dann Österreich, Nordrhein-Westfalen und Bayern. In Österreich haben wir ein Gebäude für die Schule gefunden. Dann haben wir in Köln das Klassenzimmer und das Direktorenzimmer im Studio aufgebaut. Da haben wir auch den kompletten Showdown gedreht. Und in München haben wir unterschiedliche Orte gefunden, die wunderbar zu allem gepasst haben.

Ja, und die Besetzung wurde, glaube ich, aus 3000 Kindern ausgewählt. Dazu haben wir ausgeschrieben und in fünf oder sechs Städten Castings gemacht. Dann haben wir Kinder eingeladen und aufgenommen. Und dann haben wir die engere Auswahl getroffen, nochmal eingeladen und dann entschieden.

Image
Die Schule der magischen Tiere Kinofilm Die Wintersteinschule

Leseliebe: Dürfen wir uns in Zukunft nun über mehr Kinderfilme von Ihnen freuen?

Gregor Schnitzler: Och, ich würde nochmal einen Kinderfilm machen. Ich fand das super. Diese Kombination mit den Tieren hat mir wahnsinnig Spaß gemacht. Ich würde auch sagen, die Herausforderung eines Kinderfilms sind anders als die eines Erwachsenenfilms. Beim Erwachsenen ist es so: Du musst einem Erwachsenen erstmal viel bieten, dass der überhaupt seinen Kopf aufmacht und sein Herz. Kinder sind offen. Die kommen und schauen sich das erstmal an. Sie sind einfacher in diesen Film reinziehbar und man kriegt leichter Reaktionen. Diese Sachen sind einfach toll.

Regisseur

Gregor Schnitzler

Zu Beginn seiner Karriere drehte Gregor Schnitzler Werbespots und Musikvideos, inszenierte dann Kurz- und Fernsehfilme. Bekanntheit erlangte der Regisseur später vor allem durch Literaturverfilmungen wie „Soloalbum“ und „Die Wolke“. "Die Schule der magischen Tiere" ist nun der erste Kinderfilm von Gregor Schnitzler und hoffentlich auch nicht der letzte.

Image
Gregor Schnitzler

Kommentar schreiben

Du bist nicht angemeldet! Melde dich jetzt an und du kannst sofort einen eigenen Kommentar verfassen.