Artikel: Kinderbuchmacher Heiko Wolz im Interview
 
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Heiko Wolz über Bücher für Mädchen & für Jungs

Machen ‚typische‘ Jungs- und Mädchenbücher Sinn? Wir haben den Autor von Frida Superstar & der Minecraft -Reihe gefragt!

Leseliebe: Herr Wolz, Sie haben schon über 30 Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht und laufend kommen neue dazu. Wie sind Sie eigentlich zu einem ‚Kinderbuchmacher‘ geworden? War das ein seit Kindheit verfolgter Berufswunsch? Oder welche Umwege haben Sie sonst zu dem Beruf geführt?

Heiko Wolz: Bücher schreiben wollte ich tatsächlich schon seit meiner Kindheit. Als Buchhändler habe ich dann erst einmal die andere Seite kennengelernt, bin dem Schreiben aber immer treu geblieben. Auch während meiner Zeit in der Arbeit mit Menschen mit geistiger Behinderung habe ich nach Feierabend noch geschrieben. Vor mehr als fünfzehn Jahren ist dann mein erster Roman erschienen. Bei vier Kindern blieb es aber nicht aus, dass ich mich mit Kinderbüchern beschäftige. Ich habe schnell festgestellt, dass ich sie nicht nur gern vorlese, sondern auch selbst schreibe.

Leseliebe: Was macht ein gutes Kinderbuch für Sie aus?

Heiko Wolz: Es orientiert sich an den Bedürfnissen der jeweiligen Leserschaft, ohne sich anzubiedern. Es entführt aus dieser Welt und macht sie gleichzeitig begreifbarer. Es ist lustig. Spannend. Oder beides. Bewegend. Es ist das, was die Leserin und der Leser gerade braucht. Dann ist es ein gutes Buch.

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Selberlesen_Mädchen

Leseliebe: Sie schreiben sowohl Reihen wie „Summer Girls“ und „Frida Superstar“, die man früher als typische Mädchenbücher bezeichnet hätte, als auch Kinderbücher über klassische Jungs-Themen wie Fußball, Superhelden oder „Minecraft“. Wie sehen Sie das vor dem Hintergrund der Diversity-Diskussionen: Macht es heute noch Sinn, Kinderbücher als Bücher für Jungs oder als Bücher für Mädchen einzuordnen?

Heiko Wolz: Lesen Mädchen von Natur aus mehr? Kann man Jungs nur mit Fußball & Co begeistern? Interessieren solche Themen Mädchen nicht? Wie sehr spielt das Rollenverständnis früherer Generationen bei alldem eine Rolle? Es ist wichtig, sich mit solchen Fragen zu beschäftigen. Antworten habe ich selbst noch nicht. Daher bleibt erst einmal, festzustellen, was aktuell ist. Und da scheinen wir vor allem die Jungs noch eher mit einer „Einordnung“ zu erreichen. Dem gerecht zu werden, ohne vorhandene Rollenbilder zu zementieren, wird die spannende Herausforderung der nächsten Jahre für uns Kinder- und Jugendbuchautor*innen, die Verlage und Literaturvermittelnden sein.

Leseliebe: Welche Rückmeldung bekommen Sie als Autor bei Lesungen oder durch Fanpost: Werden Ihre Reihen jeweils von einem ausgewogen gemischten Kinderpublikum gelesen? Oder überwiegen je nach Thema doch deutlich Jungs oder Mädchen?

Heiko Wolz: Die erwähnten „Summer Girls“ und „Frida Superstar“ haben vorwiegend Mädchen gelesen. Die Fußball- oder Minecraft-Reihe lesen hauptsächlich Jungs. Hier ist der Unterschied aber längst nicht so ausgeprägt. Darüber freue ich mich sehr.

Leseliebe: Spannend, witzig, emotional – wie entscheiden Sie, wie Sie ein Kinderbuchthema umsetzen? Denken Sie dabei auch daran, ob es eher Mädchen oder Jungs lesen werden, oder hängt das alleine vom Thema der Geschichte ab.

Heiko Wolz: Das ist unterschiedlich. Natürlich gibt es Geschichten, die sich ausgehend von den Überlegungen zu Leserschaft und Ton entwickeln. Soll es humorvoll sein? Zutiefst dramatisch? Bei anderen Geschichten steht das eher im Hintergrund und ergibt sich aus der Figur und ihrem Thema heraus von selbst. Meist ist es eine Mischung aus beidem.

Leseliebe: Über welche Themen schreiben Sie als Autor am liebsten?

Heiko Wolz: Ein Lieblingsthema habe ich nicht. Mich muss etwas anspringen, die Begeisterung entsteht dann von selbst. Sei es die verrückte Welt von Minecraft, das Leben auf einer Urlaubsinsel oder reale Begebenheiten für meine historischen Romane, die ab nächstem Jahr erscheinen. Es gibt wenig, das mich nicht interessiert.

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coole Bücher für Jungs

Leseliebe: Sie schreiben auch erfolgreich Erstlesebücher, die im Idealfall zusätzlich zur Lesekompetenz auch die Lust aufs Lesen fördern. Haben Sie Tipps für Eltern, deren Kinder überhaupt nicht lesen mögen?

Heiko Wolz: Vor dem Lesen kommt das Vorlesen. Das Kind sollte das „Erlebnis Buch“ mit etwas Schönem verbinden. Das gemeinsame Kuscheln auf dem Sofa oder im Bett, die Zeit, die sich die Eltern für dieses Ritual nehmen. So erleben Kinder Lesen von klein auf als wertvoll und greifen tendenziell eher selbst zum Buch. Entsteht trotzdem eine Abneigung, können Bücher mit angesagten Themen helfen. Die Minecraft-Reihe ist da ein gutes Beispiel.

Leseliebe: Sie haben einen magischen Wunsch frei und dürfen drei Bücher bestimmen, die jedes Kind auf der Welt in seiner Kindheit liest. Abgesehen von Ihren eigenen, für welche Bücher entscheiden Sie sich?

Heiko Wolz:

Roald Dahl, James und der Riesenpfirsich.

Astrid Lindgren, Ronja Räubertochter.

J.R.R. Tolkien, Der kleine Hobbit.

Leseliebe: Welches Kinderbuch oder welche Lese-Situation hat in Ihrer eigenen Kindheit einen Eindruck hinterlassen, der bis heute nachwirkt und warum?

Heiko Wolz: Zwei Dinge, die gar nicht so sehr mit dem eigenen Lesen verbunden sind, haben sich mir eingeprägt. Das ist zum einen mein Vater mit einem Buch in den Händen im Schaukelstuhl unter der Dachschräge zu Hause, zum anderen mein wöchentlicher Gang zum Zeitschriftenhändler, um für ihn das neuste „Heftchen“ Perry Rhodan zu holen. Von ihm habe ich zweifellos die Liebe zum Lesen. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.

Leseliebe: Ergänzen Sie doch netterweise den folgenden Satz für uns: Leseliebe ist …

Heiko Wolz: … ein Tor nach innen und nach außen.

Autor

Heiko Wolz

Bevor seine Frau und vier Kinder ihn zum Hausmann erklärten, arbeitete Heiko Wolz als Buchhändler und Mitarbeiter in einem Wohnheim für Menschen mit geistiger Behinderung. Jetzt ist er zuhause aktiv zwischen Herd und Puppenhaus, Bügelbrett und Ritterburg und verfasst dabei erfolgreich und unermüdlich immer wieder neue Kindergeschichten für Jungs und Mädchen.

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Kinderbuchautor Heiko Wolz

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