Artikel: Kinderbuchmacher Saša Stanišić im Interview
 
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Saša Stanišić übers Schreiben, Lesen, Vorlesen

Saša Stanišić hat ein Kinderbuch geschrieben?! Für Leseliebe DIE Gelegenheit, um den Erfolgsautoren zu interviewen.

Leseliebe: Herr Stanišić, Sie sind als vielfach preisgekrönter Autor bekannt; Ihre Bücher sind in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Und obwohl häufig Ihr Sinn für Witz gelobt wird, sind Ihre Geschichten definitiv sehr erwachsen und behandeln äußerst ernsthafte Themen. Welchem Umstand verdanken wir, dass Sie jetzt auch noch ein ‚Kinderbuchmacher‘ geworden sind?

Saša Stanišić: Vor sechs Jahren bin ich Vater geworden, was dazu geführt hat, als Vorleser mit viel Kinderliteratur in Berührung zu kommen. Ich trenne da allerdings beim Schreiben nicht wirklich – ich liebe es einfach, Geschichten zu erzählen. Dass manche für Erwachsene und manche für Kinder besser geeignet sind, bedeutet höchstens ein anderes Nachdenken über die zu erzählenden Welten. Das Handwerk – Sätze aneinander reihen – bleibt gleich.

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Panda-Pand Innenseite Baumeln

Leseliebe: Was macht ein gutes Kinderbuch für Sie aus?

Saša Stanišić: Gibt es denn schlechte Kinderbücher? Es ist so immens wichtig, dass Kindern vorgelesen wird und dass sie selbst auch lesen, und manchmal denke ich tatsächlich: egal was. Sie werden dann schon selbst sagen, ob es ihnen gefällt oder nicht, was sie da serviert bekommen.

Auch werden sie Bücher früh genug wieder fallenlassen oder ersetzen durch andere Medien (umso schneller, je weniger Berührung mit Literatur sie haben), und wenn man gleich zu Beginn überhaupt in der privilegierten Lage ist – als Eltern – sich leisten zu können, nicht nur Kinderbücher zu kaufen, sondern z.B. auch die Kraft, die Zeit, die Kapazitäten also, besitzt, sie auszuwählen nach irgendwelchen persönlichen Kriterien, dann ist das schon so viel mehr als viele andere Eltern in der Lage sind zu tun.

Leseliebe: Welches Kinderbuch oder welche Lese-Situation hat in Ihrer eigenen Kindheit einen Eindruck hinterlassen, der bis heute nachwirkt und warum?

Saša Stanišić: Ich hatte eine Art Leseunterschlupf in einem großen Bettkasten, den meine Eltern mit Büchern und Comics gefüllt haben. Ich kam dann aus der Schule und legte mich regelrecht in Literatur. Beste Stunden damals.

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Panda-Pand Innenseite Rücken

Leseliebe: In einem Interview erzählen Sie, dass Sie schon mit zehn Jahren Schriftsteller werden wollten. Ist dieser Beruf für Sie heute so, wie Sie es sich damals vorgestellt haben? Und wie wichtig waren Ihr Sprachstudium in Heidelberg und Ihr Studium am Deutschen Literaturhaus in Leipzig für Ihr heutiges Schreiben?

Saša Stanišić: Es stimmt, dass ich früh Geschichten geschrieben habe, allerdings hatte ich lange keine Vorstellung, was zum Beruf des Schriftstellers gehört. Lange Interviews geben z.B. :)

Und ja, das Studium in Leipzig war immens wichtig auf dem Weg zu diesem Interview. Dort habe ich – wenn man meine Jugend ausnimmt – am meisten gelesen in meinem Leben. Wir lasen also viel und sprachen viel über das Gelesene, um zu erfahren, wie macht ein Autor oder Autorin das – wie entsteht Rührung, was ist witzig und wie ist der Humor gebaut und so viel Handwerkliches mehr. Und so sprachen wir dann auch über unsere eigenen Texte. Hat man am DLL studiert, wird man eher zu einem kritischen Leser oder Leserin, als zu einem Autor oder Autorin.

Leseliebe: Ihr Buch „Panda-Pand“ ist ein sehr witziges, reich bebildertes Vorlesebuch über Pandas, die das Musizieren für sich entdecken. Sie haben die Geschichte erfunden und geschrieben und Günther Jakobs hat die Illustrationen gemacht. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen? War es ein komplett voneinander getrenntes Nacheinander? Oder auch ein Miteinander?

Saša Stanišić: Carlsen hatte einige Vorschläge gemacht, und für mich passte Günthers Stil irgendwie am besten zu der Idee meiner Geschichte. Und ja, der Prozess danach geht am besten wohl miteinander – ich glaube, es wäre reichlich seltsam, würden die Autoren und Autorinnen mit den Illustratoren und Illustratorinnen gar nicht kommunizieren. Wir taten es jedenfalls, wobei Günther schon vor unserem Gespräch eine großartige Arbeit geleistet hatte, es war also für mich wenig da, was nicht 100% passte.

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Panda-Pand Innenseite Wirbel

Leseliebe: Was würden Sie sich wünschen, dass Kinder (und vielleicht auch die Vorlesenden) aus dem Lesen Ihres Panda-Buches für sich mitnehmen?

Saša Stanišić: Wie immer bei jeder meiner Geschichten: eine gute Geschichte! Und hier natürlich auch so ein wenig den Aspekt des Artenschutzes, der für unseren Planeten gerade ein akut wichtiger ist – die Kinder von heute werden viele Arten niemals kennenlernen, weil sie in den nächsten Jahren bereits nicht mehr die Erde bevölkern werden. Diese Ungeheuerlichkeit, die wir unserer Maßlosigkeit und Arroganz verdanken, noch versuchen zu mildern, ist eine der wichtigsten Aufgaben für uns alle in der nahen Zukunft.

Leseliebe: Sie sprechen Ihre Bücher auch gerne selbst als Hörbücher ein. So auch „Panda-Pand“. Was bedeutet Vorlesen für Sie?

Saša Stanišić: Gutes Honorar. Und ich habe große Freude beim Vorlesen, die ich niemandem anderen überlassen möchte ?

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Panda-Pand Innenseite Band

Leseliebe: Eine Frage an Sie als Vater: Wie ist das Lesen und Vorlesen von Kinderbüchern in Ihren Familienalltag integriert? Gibt es die Kindergeschichten klassisch zum Einschlafen oder eher in anderen Situationen?

Saša Stanišić: Zum Einschlafen so gut wie immer, unterwegs aber auch gern, oder – wenn ein neues Buch zu uns findet – gleich mal als Einweihungsvorlesen.

Leseliebe: Sie haben einen magischen Wunsch frei und dürfen drei Bücher bestimmen, die jedes Kind auf der Welt in seiner Kindheit liest. Abgesehen von Ihren eigenen, für welche Bücher entscheiden Sie sich?

Saša Stanišić: Das ist für mich unmöglich zu beantworten, weil jedes Kind so grandios eigenartig ist, und was für den einen voll gut passen würde, passt ziemlich sicher nicht für jemanden anderen. Also würde ich hier sagen: Hauptsache lesen.

Autor

Saša Stanišić

Saša Stanišić ist in Jugoslawien geboren und als Jugendlicher während des Bosnien-Krieges mit seiner Familie nach Deutschland geflohen. Schon für seine Magisterarbeit wurde er mit einem Preis ausgezeichnet und sein Romandebüt war so erfolgreich, dass es in 30 Sprachen übersetzt wurde. Mittlerweile ist der vielfalch preisgekrönte Autor Vater und schreibt auch Kinderbücher. Leseliebe freut's und hofft auch noch viel mehr davon!

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Saša Stanišić Autor

Autorenbilder (c) Katja Sämann

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