Artikel: Kinderbuchmacher Ulrich Hub im Interview
 
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Ulrich Hub plus Schafe über Weihnachten & gute Geschichten

Der sympathisch-lustige Erfolgsautor von „Das letzte Schaf“ im Leseliebe-Interview, Schafe sind auch mit dabei!

Leseliebe: Herr Hub, statt die sehr interessante Frage zu stellen, warum in Ihren Kinderbüchern immer Tiere vorkommen*, fragen wir erstmal: Wie sind Sie ‚Kinderbuchmacher‘ geworden? Eigentlich haben Sie ja eine Schauspielausbildung gemacht und als Schauspieler auf der Theaterbühne gestanden, bevor Sie Theaterstücke selber schrieben und Regie führten.

Ulrich Hub: Ein Theaterstück für Erwachsene, bei dem ich mir während des Schreibens sicher war, dass ich damit berühmt, reich und geliebt werden würde, wurde mein allergrößter Flop. Danach sagte ich mir: »Jetzt schreibe ich ein Stück, das niemandem gefällt – außer mir.« Ich selbst war am meisten überrascht, dass daraus ein Kinderstück wurde, das sogar viel mehr Leute mochten, als alle meine anderen Texte. Daraus wurde mein erstes Buch für Kinder.

Leseliebe: Eine Frage an Sie als vielfach ausgezeichneten und sehr erfolgreichen Kinderbuchautor: Was ist Ihr Geheimrezept? Oder anders: Was macht ein gutes Kinderbuch aus?

Ulrich Hub: Ein gutes Kinderbuch sollte auch Erwachsene begeistern können. Ich für meinen Teil versuche Geschichten zu erzählen über Themen wie Gut und Böse, Wahrheit und Lüge, Leben, Einsamkeit und Tod – aber so einfach, dass es auch Kinder verstehen. Ohne zu belehren, aber mit viel Humor. Für mich gibt es nichts Schöneres als das Lachen von Kindern zu hören. Das klingt ein bisschen kitschig, ich weiß, aber es ist trotzdem wahr – und außerdem ist bald Weihnachten. Da darf man das.

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Ulrich Hub auf der Bühne

Leseliebe: Ihre Kinderbücher sind sehr lustig und schlau und philosophisch und nehmen gerne eine ungewohnte Perspektive ein. In „Das letzte Schaf“ erzählen Sie beispielsweise die Weihnachtsgeschichte aus der Sicht einer Schafherde. Warum gerade Schafe?

Ulrich Hub: Die Schafe – Kernbestandteil jeder Weihnachtskrippe – werden im Neuen Testament mit keinem einzigen Wort erwähnt. Den Hirten auf dem nächtlichen Feld wird nur ausgerichtet: »Ihr werdet das Kind in Windeln gewickelt finden«, und schon machen sie sich auf den Weg. Von einer Krippe ist ebenso wenig die Rede wie von einem Stall. Schon gar nicht von einem Ochsen oder einem Esel. Wieso wurden diese Tiere in der Bibel vergessen? Vielleicht gibt es dafür einen ganz einfachen Grund. Die Schafe sind ein bisschen zu modern und aufgeschlossen für die Bibel. Sie sind nämlich fest davon überzeugt, dass es sich bei dem neugeborenen Kind, das später einmal die ganze Welt retten soll, nur um ein Mädchen handeln kann.

Leseliebe: In der Schafherde gibt es die verschiedensten Typen: Das letzte Schaf ist zum Beispiel der Zyniker der Truppe, das Schaf mit der Mütze ist eine Art Visionär mit erstaunlich viel Zukunftswissen und das Schaf mit der Augenklappe ist ein verwegener Draufgänger. Was denken Sie, würden die unterschiedlichen Schafe auf die Frage antworten: Was gefällt dir am Wunder der Weihnachtsnacht am besten?

Ulrich Hub: Ich habe die Schaf direkt gefragt. Sie waren sich alle einig, geradezu verdächtig. »Das größte Wunder der Weihnachtsnacht ist«, haben sie alle mit einem süßlichen Lächeln geantwortet, »dass wir uns seither alle noch ein bisschen lieber haben als zuvor! Falls das überhaupt möglich ist.« Ich habe gleich gemerkt, dass da irgendwas nicht stimmt. Ich vermute, die Schafe haben etwas ausgefressen, das niemals herauskommen darf. Die ganze Wahrheit steht vielleicht in meinem Buch.

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Das letzte Schaf

Leseliebe: Die Schafe wollen dem Jesuskind erst eine Zahnspange schenken, später ein selbst komponiertes Lied. Für uns bei Leseliebe sind Bücher die besten Geschenke. Was macht für Sie ein gelungenes Weihnachtsgeschenk aus?

Ulrich Hub: Wünsche ändern sich mit den Jahren. Früher wollte ich immer überrascht werden, heute hasse ich Überraschungen – das bedeutet nämlich immer nur Stress. Eigentlich will ich nur noch von Dingen überrascht werden, die ich schon kenne. Am liebsten mag ich übrigens Geschenke, die man sofort aufessen oder austrinken kann – am besten in Gesellschaft derjenigen, die mir das Geschenk gemacht haben.

Leseliebe: Was ist mit der Weihnachtsgeschichte? Gehört die für Sie zum Weihnachtsfest unbedingt dazu? Oder gibt es andere Geschichten oder Traditionen rund ums Geschichtenlesen und -erzählen, die Ihnen zu Weihnachten wichtig sind?

Ulrich Hub: Obwohl ich persönlich nicht davon überzeugt bin, dass Jesus ein Familienangehöriger Gottes sein soll, der das Kreuz mit einem schlichten Wort in einen Blumentopf hätte verwandeln können, mag ich die Geschichte seiner Geburt. Das gehört für mich seit meiner Kindheit einfach dazu. Vor allem in der Musik von Bach. Auch kann es gegen die Weihnachtsbotschaft keinerlei Einwände geben. »Seid mal ein bisschen netter zueinander, verzeiht euren Feinden und jeder ist herzlich willkommen – vor allem die Kinder.« Und am Allerwichtigsten: »Habt keine Angst.« 

Leseliebe: Noch eine Frage an das Schaf mit der Mütze: Wie sieht das Weihnachtsfest der Zukunft aus?

Ulrich Hub: Das Schaf mit der Mütze hat die Befürchtung, dass in der Zukunft Weihnachtsartikel schon ab Anfang August in den Regalen stehen werden. Es wünscht sich, dass an den Weihnachtstagen wieder mehr gesungen wird. Nicht unbedingt Weihnachtslieder, aber Hauptsache zusammen! Ganz egal, wie es sich anhört. Und was andere zu der Gesangsstimme sagen.

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Innenseite Das letzte Schaf

Leseliebe: Sie haben einen magischen Wunsch frei und dürfen drei Bücher bestimmen, die jedes Kind auf der Welt in seiner Kindheit liest. Abgesehen von Ihren eigenen, für welche Bücher entscheiden Sie sich?

Ulrich Hub: Schade, dass von den eigenen Büchern abzusehen ist. Sonst hätte ich nämlich auf mein letzte Geschichte verwiesen, da sagt eine Ente: »Niemand darf über jemand anderen bestimmen.« Ich bin zwar nicht immer einer Meinung mit Figuren, die ich mir selbst ausgedacht habe, aber von dieser Aussage bin ich restlos überzeugt. Deshalb würde ich wenigstens zehn Bücher aussuchen, aus denen die Kinder sich selbst drei aussuchen dürfen. Aber mit Sicherheit wäre darunter Maurice Sendak's »Wo die wilden Kerle wohnen.«

Leseliebe: Welches Kinderbuch oder welche Lese-Situation hat in Ihrer eigenen Kindheit einen Eindruck hinterlassen, der bis heute nachwirkt und warum?

Ulrich Hub: Zuallererst habe ich die Märchen der Gebrüder Grimm kennengelernt. Angst hatte ich nie vor irgendwelchen Figuren oder Situationen – ich konnte mich immer darauf verlassen, dass am Ende alles gut ausgeht. Am nachhaltigsten hat mich Rumpelstilzchen beschäftigt und die Frage, ob man immer auf der Erfüllung eines Versprechens bestehen darf.

Leseliebe: Ergänzen Sie doch netterweise den folgenden Satz für uns: Leseliebe ist …

Ulrich Hub: … Freiheit. Im besten Sinne. 

 

*»Warum treten in Ihren Geschichten immer Tiere auf, Herr Hub?« fragt er sich in seinen Interviews mit sich selbst. auch jedes einzelne Mal. Leider erhält er darauf nie eine Anwort, weswegen wir vorsichtshalber auch gleich zur nächsten Frage gesprungen sind. Dabei würde uns die Antwort auf die Frage schon interessieren! Warum treten in Ihren Geschichten immer Tiere auf, Herr Hub?

Autor

Ulrich Hub

Ulrich Hub absolvierte eine Schauspielausbildung und arbeitet als Regisseur an verschiedenen Theatern. Er schreibt außerdem Stücke, Drehbücher und sehr erfolgreich Kinderbücher.

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Ulrich Hub Kinderbuchautor Das letzte Schaf In der Arche ist der Wurm drin

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