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Interview: Wie, wann und welche Vorschulübungen sinnvoll sind!

Wir haben zwei Macherinnen der „Schlau für die Schule“-Reihe über Vorschulübungen ausgefragt. Lies hier die Antworten!

Leseliebe: Frau Mildner, Sie haben als Fachfrau für Kinder- und Bildungsmedien die Reihe „Schlau für die Schule“ mitkonzipiert und auch viele der Bände geschrieben. Darin finden Kinder eine bunte Auswahl an Übungen, Rätseln und mehr zur spielerischen Vorbereitung auf die Schule. Frau Willrodt, Sie betreuen die Reihe als Lektorin. Wie profitieren Kinder von solchen Vorschulübungen? Beeinflussen sie dadurch vielleicht sogar, wie leicht oder erfolgreich ihnen der Schulstart gelingt?

Christine Mildner: Das weiß ich nicht und bin der Meinung, dass man diese Frage nicht allgemein beantworten kann. Mir ist wichtig, dass Kinder gern in die Schule gehen wollen, sich darauf freuen, Lust auf und Spaß am Lernen haben und beides (lange Zeit) nicht verlieren. Mein Ziel ist es, sie auf ihrem Weg zu begleiten, und ihnen dafür viele schöne Anregungen zu geben, die ihnen vielleicht auch helfen, manches leichter zu lernen, weil sie es vielleicht schon einmal in den Materialien aus der Schlau-für-die-Schule-Serie ausprobiert haben.

Johanna Willrodt: Ganz genau. Unsere Reihe richtet sich vor allem an neugierige Kinder im Vorschulalter. Wir möchten Eltern und Bezugspersonen farbenfrohe Hilfsmittel in die Hand geben, die die Kinder dort abholen, wo sie gerade stehen, und sie auf einem Abschnitt ihres Lernwegs begleiten, vielleicht sogar bis in den Grundschulalltag hinein.

Christine Mildner: Ich würde mir wünschen, dass die Kinder auf jeden Fall davon profitieren können, wenn sie solche Schulübungen, z.B. die Buchstabenformen oder Zahlen spielerisch kennenzulernen, vor der Schule in ihrem Tempo und ohne schulischen Druck für sich entdecken konnten.

Johanna Willrodt: Ich sehe es ähnlich wie Christine: Sicherlich ist es für Kinder im Vorschulalter sinnvoll, erste inhaltliche Erfahrungen mit den Themen zu sammeln. Meiner Auffassung nach ist ein weiterer wichtiger Faktor, dass Kinder sich so in kurzen, individuellen Einheiten langsam daran gewöhnen können, konzentriert eine Aufgabe zu bearbeiten und ihren Fokus auf eine Problemstellung und deren Lösung zu legen. Dazu können Vorschulmaterialien beitragen.

Leseliebe: Gibt es Ihrer Meinung nach bestimmte Vorschulübungen, die besonders wichtig sind? Oder ist das von Kind zu Kind verschieden?

Christine Mildner: Die Kinder sind am Schulanfang sehr verschieden, sie haben unterschiedlichste Erfahrungen gemacht, in ihren Familien und auch außerhalb z.B. im Kindergarten. Manche haben ältere Geschwister, konnten diese schon beim Lernen in der Schule beobachten und haben sich vielleicht das ein oder andere schon angeeignet. Andere kommen als „unbeschriebene Blätter“, hatten womöglich niemanden, der schon einmal ein Buch mit ihnen betrachtet und ihnen daraus vorgelesen hat.
Ich finde es wichtig, dass Kinder bereits mit Stiften umgegangen sind, wissen wie eine Schere funktioniert, sich die Schuhe zubinden können und auch mit einem Messer Butter auf ein Brot schmieren können, also eigentlich ganz alltägliche Erfahrungen gemacht haben, bevor sie in die Schule kommen. Sie sollten neugierig sein, gern spielen, sich viel und gern bewegen, gern mit anderen Kindern zusammen sein und möglichst auch schon erste Verhaltensregeln innerhalb einer Gruppe kennengelernt haben.

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Vorschule

Leseliebe: Gibt es eine allgemeine Empfehlung, wie oft und wie viel Kinder Vorschulübungen machen sollten? Und ab welchem Alter?

Christine Mildner: hier würde ich denken, dass es auf das einzelne Kind ankommt. Es gibt solche, die sind sehr früh sehr lernbegierig und wollen mehr wissen. Die sollten dann auch damit „bedient“ werden. Aber immer altersangemessen und kindgerecht. Und andere sind lange Zeit sehr verspielt, das ist völlig in Ordnung so. Der sogenannte „Ernst des Lebens“ kommt früh genug, auch wenn ich es nicht mag, wenn der Eintritt in die (Grund-)Schulzeit so benannt wird, weil das vielen Kindern Angst machen kann. Grundsätzlich denke ich, dass man ab dem Kindergartenalter mit einfachen Übungen wie z.B. Stifte halten etc. beginnen kann. Da machen die Kindergärtnerinnen und Kindergärtner aber einen tollen Job und bereiten die Kinder schon vielfältig, auch in sozialer Hinsicht, auf die Schule vor.

Johanna Willrodt: Die Arbeit der Erzieher*innen ist unersetzlich. Bücher und Blöcke wie die unseren können eine tolle Ergänzung zur persönlichen Vermittlung von Fähigkeiten und Wissen sein. Eltern können und sollten sich bemühen, Angebote in Form von unterschiedlichen Medien und Spielen zu machen, doch das Tempo gibt, besonders in diesem Alter, das Kind vor.  

Leseliebe: Was ist, wenn Kinder keine Lust auf Vorschulübungen haben?

Christine Mildner: Dann ist das in Ordnung! Allerdings kann man es ja immer mal wieder versuchen. Die Frage ist ja, was man genau unter „Vorschulübungen“ verstehen möchte. Auch das Beobachten von Tieren und Pflanzen gehört meines Erachtens dazu, die Neugier auf die Um- und Mitwelt. Ganz wichtig ist mir das Vorlesen und zwar so oft wie möglich. Wenn Kinder entdecken, welchen Wert es hat, selbst lesen zu können, ist das das Beste, was passieren kann. Mein schönstes Erlebnis als junge Grundschullehrerin war es, als Kinder meiner ersten Klassen begonnen haben, zu lesen und erstaunt waren, wie leicht das dann ist und welche Welten sich ihnen dadurch eröffnen.  

Johanna Willrodt: Aus der Umwelt und den erzählten Welten in Büchern zu lernen ist im Vorschulalter wichtig. Sollte ein Kind keine Lust auf typische „Schulaufgaben“ haben, empfehle ich, dem Kind jene Bücher und Hefte aus unserer Reihe, die einen bunt gemischten Blumenstrauß an Themen abdecken, auszuprobieren. Diese fühlen sich erst einmal wie ein Rätsel- oder Malbuch an. Eltern können sie gemeinsam mit ihren Kindern durchblättern und versuchen, eine einzelne Seite auszuwählen, die das Kind anspricht, um einen Anfang zu finden.

Leseliebe: Blättert man die Hefte der Reihe „Schlau für die Schule“ durch, sieht das mehr nach Spiel als nach Arbeit aus. Ist das auch Ihre Empfehlung an Eltern, die Vorbereitung auf die Schule eher spielerisch als ernsthaft anzugehen?

Johanna Willrodt: Definitiv! Wir legen bei der Konzeption unserer Schlau-für-die-Schule-Bücher großen Wert auf bunte und lustige Illustrationen, auf denen es immer eine Menge zu entdecken gibt. Wir machen keine Schulbücher fürs Klassenzimmer, sondern sehen uns mit dieser Reihe an der Schnittstelle zwischen Lehrbuch und normalen Kinderbüchern. Unsere Bücher haben ihren Platz im Kinderzimmer oder am Küchentisch und sollen freiwillig und mit Freude zur Hand genommen werden.

Christine Mildner: Ja, das ist mir wichtig! Schule und Lernen soll auch Spaß machen. Es ist wichtig, die natürliche Neugierde der Kinder so lange wie nur möglich zu erhalten und sie dabei so vielfältig wie nur möglich zu unterstützen und ihnen Anregungen zu geben.

Leseliebe: Frau Mildner, bevor Sie sich ganz auf Bildungs- und Kindermedien konzentrierten, haben Sie als Grundschullehrerin gearbeitet. Wie fließen Ihre Praxis-Erfahrungen aus der Schule in das Konzipieren und Schreiben von Vorschulübungen ein?

Christine Mildner: Meine eigene Lehrerinnenzeit ist inzwischen schon sehr lange her. Aber ich habe lange Jahre als Redakteurin verschiedener Zeitschriften für Grundschullehrerinnen und -lehrer gearbeitet und hatte in dieser Zeit viele Begegnungen und Gespräche mit sehr engagierten Lehrkräften, die mir viel aus ihrem Berufsalltag erzählt haben. Diese und meine eigenen Erfahrungen fließen natürlich in meine Überlegungen ein, wenn ich ein Schlau-für-die-Schule-Material konzipiere und dann auch schreibe. Aber ich versuche auch immer, mir vorzustellen, wie es wäre, wenn ich selbst noch Kind wäre und vor diesen Aufgaben sitzen würde. Was würde mich selbst interessieren, was würde mir Spaß machen, was würde ich witzig und unterhaltsam finden, was würde mich bereichern – das ist eigentlich das Wichtigste für mich: Ich möchte, dass die Kinder Freude haben und eher nebenbei etwas lernen, was sie hoffentlich dann auch bereichert.

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Vorschulkinder

Leseliebe: Frau Willrodt, worauf achten Sie als Lektorin bei Vorschulübungen? Haben Sie vielleicht Tipps für Eltern, was Sie bei der Auswahl von Büchern, Heften oder Blöcken mit Vorschulübungen berücksichtigen sollten?

Johanna Willrodt: Meine Aufgabe als Lektorin ist es, sowohl Christine bei der Konzeption ihrer Inhalte zu unterstützen als auch viele weitere Faktoren im Blick zu haben: Ist auf der Seite genug Platz, um etwas eintragen zu können? Kann man auf dem Papier gut mit Buntstiften malen und schreiben? Sind alle Auflösungen an der richtigen Stelle zu finden? So versuchen wir, zu einem positiven Lernerlebnis beizutragen. 

Bei der Auswahl von Vorschulbüchern gilt es zunächst zu überlegen, was die Eltern (und Kinder) sich von den Materialien erhoffen. Zeigt ein Kind beispielsweise großes Interesse am Zählen, ist ein Buch oder Block, der sich gezielt dem Schreiben und Erkennen der Zahlen bis 20 sowie ersten Zähl- und Rechenaufgaben widmet, die richtige Wahl. Wenn es darum geht, sich einfach ab und zu für ein paar Minuten hinzusetzen und einige Rätsel und Aufgaben zu lösen, empfehle ich thematisch gemischte Bücher, die in loser Reihenfolge ausgefüllt werden können.

Nicht zuletzt sollte man sich auch die Frage stellen, wann und in welchem Umfeld gerätselt und geübt werden soll: Unterwegs oder im Urlaub sind ein handlicher Block oder ein kleines Heft sicher praktischer als ein dickes Übungsbuch, das besser zu Hause auf dem Tisch aufgehoben ist.

Leseliebe: Was möchten Sie Kindern und Eltern zum Thema Schulstart abschließend mit auf den Weg geben?

Christine Mildner: Bleiben Sie entspannt und vertrauen Sie Ihrem Kind! Lassen Sie ihm seine Zeit und drängen es nicht! Seien Sie selbst ein gutes Vorbild, lesen Sie (vor) und erzählen, was Sie bewegt, zeigen Sie ihm die schönen Dinge unserer Welt, die Sie selbst neugierig machen und über die Sie mehr wissen wollen, stellen Sie Fragen und wissen manches nicht (besser). Spielen Sie mit Ihrem Kind, draußen und drinnen. Bewegen Sie sich zu Musik, zeigen Sie ihm Kunst und Kultur, gehen Sie raus in die Natur und bleiben zusammen neugierig. Aber zeigen Sie ihm auch (Ihre) eigenen Grenzen und bleiben authentisch.

Johanna Willrodt: Unsere Welt ist so spannend, vielfältig und schön und Kinder haben große Lust, sie zu entdecken. Bis zum Schulstart passiert dies meist durch Beobachtung, Nachahmen, Ausprobieren und Spiel. Auch die neue Welt des schulischen Lernens kann toll und spannend sein. Denn im Idealfall gibt sie den Kindern weitere Fähigkeiten an die Hand, mit denen sie sich noch besser in ihrer Umwelt zurechtzufinden. Bereiten Sie sich gemeinsam auf die Veränderungen, die das Thema Schule und Schulalltag mit sich bringen, vor und achten Sie darauf, Gelerntes in Verbindung mit Alltagssituationen und Erlebnissen zu setzen. Eine solche Verknüpfung sorgt für ein positives und ganzheitliches Lernerlebnis mit vielen „Aha!“-Momenten.

Autorin

Christine Mildner

Christine Mildner liegt viel daran, ihre eigene Freude am Lesen und Schreiben an Kinder weiterzugeben. Dafür arbeitete sie erst als Grundschullehrerin, dann als Redakteurin bei einem Fachverlag für Bildungsmaterialien. Heute ist sie als selbständige Autorin, Redakteurin und Lektorin auf Kinder- und Bildungsmedien spezialisiert und konzipiert und schreibt zum Beispiel für die Reihe „Schlau für die Schule“ spielerische Vorschulübungen, die Spaß machen.

Leseliebe ist für sie ... wie das Salz in der Suppe und somit eine der wichtigsten Kompetenzen, die jedes Kind erwerben sollte!

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Christine Mildner
Lektorin

Johanna Willrodt

Ich habe in Bonn Literatur- und Medienwissenschaften studiert und bin vor einigen Jahren als Volontärin bei Carlsen gelandet. Nun erwecke ich dort als Lektorin die unterschiedlichsten Kinderbuchprojekte zum Leben und genieße es, gemeinsam mit unseren Autor*innen und Illustrator*innen Ideen zu entwickeln. Noch größere Freude habe ich daran, bei jedem Patenkindbesuch ein tolles neues Buch aus der Tasche zu ziehen und dann gemeinsam bunte Bücherwelten zu entdecken.

Leseliebe ist für mich … in spannenden Welten versunken und gleichzeitig ganz im Hier und Jetzt zu sein. 

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 Johanna Willrodt Lektorin

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